Tauchen auf dem Vulkan!

Tauchen auf dem Vulkan!

Lass uns doch über Sylvester irgendwo hin zum Tauchen fahren! So fing die Planung unserer Reise nach El Hierro an. Wir wollten ein Ziel, wo es warm ist, das nicht so weit weg ist und mal etwas anderes als Rotes Meer. Ziemlich schnell ist unsere Wahl auf die Kanarischen Inseln gefallen. Auch im Winter herrschen hier über 20°C Luft- und Wassertemperatur. Es gibt günstige Flüge und Spanien stand ohnehin mal wieder auf unserer Reiseliste. Aber wohin genau?

Matti Haack

Nach einer kleinen Recherche war mir klar: Ich will nach El Hierro – tauchen am Vulkan. Die Insel ist klein und vom Massentourismus komplett verschont. 10.000 Einwohner, 1.500 Gästebetten in Apartments und Ferienhäusern und nur wenige kleine Hotels. Grund dafür ist die Lage ganz am südwestlichen Rand der Kanaren. Früher war hier mal „das Ende der Welt“. Kolumbus ist von hier aufgebrochen und auch heute ist El Hierro der letzte Hafen für Segler auf dem Weg nach Amerika. Und man kommt nur mit einem Zwischenstopp auf den großen Kanareninseln auf die Insel. Es gibt nur einen winzigen Flughafen für die Inselairline Binter und nur einmal am Tag eine Fährverbindung von Teneriffa.

El Hierro ist ein junge Vulkaninsel und ein Geopark und man hat sich daher für nachhaltigen Tourismus entschieden. Die Insel ist dank Windkraft und Speichersee im Vulkankrater energieautark und die lokalen Fischer haben sich entschlossen ein Meeresschutzgebiet im „Mar de las Calmas“ an der Südflanke der Insel einzurichten. Tauchboote müssen an den wenigen Ankerbojen festmachen und es sind maximal 12 Taucher pro Platz erlaubt. So muss man auch im Sommer nicht mit überfüllten Plätzen à la Elphinstone rechnen. Mitten im Schutzgebiet, 400m vor dem Ort La Restinga, einem kleinen Fischerort an der Südspitze El Hierros und damit dem südlichsten Ort Europas, ist 2011 ein Unterwasservulkan ausgebrochen und bis 80m an die Wasseroberfläche angewachsen. Die austretenden Gase haben Flora und Fauna auf einer großen Fläche vergiftet. Im Anschluss hat sich die Natur aber wie

nach einem Waldbrand erholt und die Unterwasserwelt ist nun üppiger als zuvor.

Nach Weihnachten ging es nun für 10 Tage nach La Restinga. Unsere Wahl fiel dort auf die VDST-Auslandsbasis der Extra

Divers. Nach einem kurzen Mailwechsel mit der neuen Basisleiterin (Gun-)„Dula“ war alles klar: Tauchen und ein Apartment „in der ersten Reihe“ waren gebucht.

Matti Haack

Nachdem wir mit dem Flieger aus Teneriffa Nord angekommen war, stand am Flughafen schon unser Mietwagen bereit und wir konnten uns sofort auf den Weg nach La Restinga machen. Gut 45 Minuten später und nach einer imposanten Vulkanüberquerung kamen wir im Taucherdorf La Restinga an. Direkt am Zugang zum Pier lagen Apartment und Tauchbasis. Dort wurden wir bereits erwartet und nach einem kurzen Check-In konnten wir unsere Sachen auspacken und in der Tauchbasis verstauen. Im nur über die Tauchbasis zu betretenden Innenhof gibt es zwei Spülbecken und genug Platz um die Ausrüstung zu trocknen. Trotz des 21°C warmen Wassers waren wir nach dem Tauchgang über die Duschkabine mit reichlich heißem Wasser im Patio dankbar. Innen ist Platz zum Umziehen und für jeden Taucher steht eine Bäckerkiste für das Kleinzeug bereit. Außerdem hängt hier die neuwertige Leihausrüstung. Im Office gibt es gekühlte Getränke zu fairen Preisen (und Wasser umsonst), Karten, Bestimmungsbücher und einen kleinen Shop mit Ersatzteilen.
Nach der „Führung“ durch die Basis hat uns Dula ein gutes Briefing zum Tauchen in den nächsten Tagen gegeben. Es war unser „erstes Mal“ im Atlantik und wir waren dankbar über die Tipps zu „ihrem“ Meer.

Im Anschluss haben wir das sehr schöne und gut ausgestattete Apartment (bis zu 4 Personen, Patio zum Trocknen, Balkon zum Meer und großer Wohnküche) bezogen. „Erste Reihe“: Das bedeutet direkt an der Hafenpromenade. 30m zur Basis, 30m zum Café, 100m zum Supermarkt. Der ganze Ort besteht nur aus neuen Häusern und ist vor allem auf die Tauchtouristen ausgelegt. Die Orte mit mehr historischem Flair liegen auf der Hochebene bzw. auf der Nordseite der Insel. Aber wenn oben der Wind und die Wolken über das Land ziehen, bleibt es im windgeschützten La Restinga immer angenehm warm. Für Ausflüge sollte man sich aber warm anziehen, denn man kommt in 20 Minuten von 28°C Sonne auf 11°C in 1000m Höhe mitten in den Wolken.

Matti HaackNach einem entspannten Abend in unserem schönen Apartment ging’s morgens um 8:45 Uhr los (9:45 deutscher Zeit). Wegen der idealen Lage der Basis direkt am Hafen rödelt man das Equipment an und läuft die 40m bis zum Boot. Da zum Saisonende nur wenig Taucher auf El Hierro waren, teilten sich einige Basen das Boot, sodass wir – obwohl fast die einzigen Gäste auf der Basis – zu zwölft auf dem großen und ausreichend motorisierten Rib zu den ersten Tauchgängen rausfuhren. Die Boote sind mit Sauerstoff, Funk & Handy, Strömungsleine und Leiter ausgestattet.
In der ersten Woche stürmte der Wind ungewöhnlich von Südosten und das „Mar de las Calmas“ – das „Meer der Stille“ – zeigte sich von seiner besonders rauen Seite. Trotz hoher Wellen und starkem Wind konnten wir in den ersten beiden Tagen vier tolle Tauchgänge an den Top-Plätzen im Meeresschutzgebiet direkt vor dem Ort machen. Hier liegt unter Wasser die Caldera eines alten Vulkans, die bis 18m an die Wasseroberfläche kommt, über die man während des Tauchgangs hinweg schwebt. Fantastisch!

Generell ist man nach maximal 20 Minuten an allen Tauchplätzen. Üblicherweise finden zwei Tauchgänge mit einer zweistündigen Oberflächenpause an der Basis statt. Bei den weiter entfernten Plätzen bleibt man dann auch mal zur Pause auf dem Boot und wird dort mit Obst und Keksen versorgt.

Unter Wasser erwartete uns eine tolle Flora und Fauna. Riesige Zackenbarsche, Adlerrochen, Röhrenaale, Muränen, Barrakudas, Drachenköpfe aber auch „Kleinzeug“ wie Krebse, Garnelen, Sepien, Seehasen, Schwarze Korallen, Steinkorallen, Schwämme… Irgendwie wie eine Mischung aus Mittelmeer mit schwarzem Sand und Rotem Meer. Jeder Tauchgang war ein Traum!
Da der Wind an den nächsten Tagen noch weiter zunahm und sich der Kapitän nun endgültig weigerte raus zu fahren, waren wir „gezwungen“ einen Tag im Hafen zu tauchen. Und auch das: grandios. Das Becken bietet bis auf die Wahnsinns-Vulkanlandschaft des Meeresschutzgebiets fast alles, was man vor der Küste finden kann. Auch hier: Barrakudas, Zackis, Sepien, Feilenfische, Schnecken… Es hat uns so gut gefallen, dass wir uns abends noch für einen Nachttauchgang entschieden. Nachdem sich im neuen Jahr der Wind gelegt und gedreht hatte, hatten wir noch drei weitere Tauchtage unter idealen Bedingungen.

Matti Haack

La Restinga ist ein wirklich ein sehr kleiner Ort und die Gastrolandschaft ist „überschaubar“ (gefühlt drei Bar-Cafeterias, Pizzeria, Fischlokal) – zum Glück hatten wir einen kleinen Mietwagen und konnten so nach den Tauchgängen auch den Rest der Insel erkunden. So grandios wie die Landschaft unter Wasser ist, ist sie auch über Wasser. 1000m tiefe Abbrüche, kleine Vulkankegel überall und knorrige Bäume, die jahrelang vom Wind geformt wurden. Zum Geopark-Konzept gehören auch die Infozentren zu Geologie, Vulkanologie, den Ureinwohnern und zum „Horizontalen Regeln“, dem Phänomen, dass die Vegetation Wasser aus den Wolken sammelt. Auch für Nichttaucher hat die Insel also viel zu bieten. Wegen der Geographie der Insel muss man als Taucher, bevor man La Restiga verlässt, 1-2 Stunden Dekopause machen, da die einzige Straße gut 800m den Berg hochführt. Wie ihr wisst, vergeht das aber nach einem Tauchgang mit Umziehen, Spülen, Logbuchschreiben, Tierbestimmung und Kaffeetrinken wie im Flug. Die Tage waren auch im Winter recht lang – die Sonne ging gegen halb sieben unter – und so konnten wir Tauchen und Inselerleben ideal verbinden. Das ist vielleicht auch der größte Unterschied zu Ägypten: Man kann in Spanien einfach auf eigene Faust Ausflüge unternehmen.

Fazit: Tolles Tauchen, eine schöne gepflegte Tauchbasis mit gutem Equipment, ein sympathisches Basisteam mit „Rund-um-Service“ und eine grandiose, sehr entspannte Insel mit für kanarische Verhältnisse sehr wenigen Touristen. Wir würden gerne wiederkommen und warum nicht mit Tauchkollegen aus dem Verein?